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Für die meisten Menschen ist Weihnachten am Abend des 26. Dezembers vorbei, wenn im Radio die Christmas-Popsongs schlagartig aufhören und die Vorbereitung auf den Jahreswechsel beginnt. Für Katholiken hingegen ist klar: Der Christbaum bleibt so lange im Haus, wie es nur geht, schließlich dauert die Weihnachtszeit noch viel länger. Mindestens bis die Sternsinger da waren – oder gar bis zum 2. Februar mit "Maria Lichtmess"?
Vielerorts werden in Kirchen und Haushalten erst an Lichtmess die Krippen im Keller verstaut und die Weihnachtsbäume entsorgt. Und im Gotteshaus wird es noch einmal festlich, wenn mit brennenden Lichtern in die Kirche eingezogen wird. Es ist deshalb verständlich, dass so mancher den 2. Februar mit seiner Symbolik für das Ende der Weihnachtszeit hält. Und das obwohl vielen nicht klar ist, was an dem Fest gefeiert wird, das zudem auch unter drei verschiedenen Namen bekannt ist: neben Lichtmess wird es auch "Darstellung des Herrn" und "Mariä Reinigung" genannt. Am 40. Tag nach der Geburt Jesu brachten Maria und Josef ihren erstgeborenen Sohn nach jüdischer Vorschrift in den Tempel. Bis dahin galt Maria nach der Geburt als "unrein" – weshalb das Fest bis zur Liturgiereform 1969 den für Missverständnisse anfälligen Namen "Mariä Reinigung" trug.
Dabei geht es bei dem Fest "Darstellung des Herrn" eigentlich um die Stelle im 2. Kapitel des Lukasevangeliums, in der Jesus im Tempel von den greisen Propheten Simeon und Hanna als Erlöser erkannt und bezeugt wurde. Für Simeon ist das Jesuskind "ein Licht, das die Heiden erleuchtet". Auf diesen Lobgesang des Propheten bezieht sich der Brauch, an dem Fest die Kerzen für das Jahr zu segnen und eine Lichtprozession durchzuführen – und daher kommt auch der Name "Lichtmess". Mit dem Bekenntnis zum Messias und dem Thema Licht ist es ein Fest im Jahreskreis, das stark das Weihnachtsereignis in Erinnerung ruft. Aber: Es gehört nicht zur Weihnachtszeit.
Das Kirchenjahr der katholischen Kirche unterteilt sich in drei große Perioden: den Weihnachtsfestkreis mit Advent und Weihnachtszeit, den Osterfestkreis und die Zeit im Jahreskreis. Eine genaue Auskunft zum Ende von Weihnachten bietet ein Blick ins römische Messbuch. Dort heißt es: "Die Weihnachtszeit reicht von der ersten Vesper der Geburt des Herrn bis zum Sonntag nach Erscheinung."
Die liturgische Farbe wechselt von weiß zu grün
Mit "Erscheinung (des Herrn)" ist der 6. Januar gemeint, der auch als Dreikönigsfest bekannt ist. Der darauffolgende Sonntag und damit das Ende der Weihnachtszeit ist also immer zwischen dem 7. und 13. Januar. Die Kirche feiert dann die "Taufe des Herrn", mit der Jesus öffentliches Auftreten beginnt. Während bis dahin die liturgische Farbe festliches Weiß ist, ziehen Geistliche tags darauf in Grün in die Kirche ein, der Farbe für gewöhnliche Sonn- und Werktage.
Stichwort "Liturgiereform"
Eine Liturgiereform beschreibt die Erneuerung gottesdienstlicher Ordnungen, Texte, Handlungen und Zeichen. Sie wird grundsätzlich vom Papst festgelegt. Einen wichtigen Impuls für die Erneuerung der Liturgie setzte das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) mit dem Dokument "Sacrosanctum concilium". An der Konstitution hatte unter anderem der Annibale Bunigni (1911-1982) mitgewirkt, der in den folgenden Jahren auch die Kommission zur Umsetzung der Reform leitete. Diese Kommission erarbeitete das neue Messbuch, das ab 1969/1970 weltweit die übliche Form der Heiligen Messe ablöste. So wurde beispielsweise das Lateinische durch die jeweilige Landessprache im Gottesdienst ersetzt. Zudem setzte man auf die bewusste Mitwirkung durch die Gemeinde; so durften auch Nichtkleriker als Lektoren oder Kommunionhelfer vermehrt im Gottesdienst tätig sein. Gerade diese Änderungen lehnt die traditionalistische Piusbruderschaft ab und es kam zum Bruch mit Rom. Anfang Juli 2007 erlaubte Papst Benedikt XVI. mit dem Erlass "Summorum pontificum", dass weltweit wieder Messen nach dem alten tridentinischen Ritus in Latein gemäß dem Messbuch von 1962 gefeiert werden dürfen. Es gehe darum, Versöhnung und Einheit in der Kirche zu bewahren. Das Messbuch von 1970 bleibe aber "die normale Form" der Eucharistiefeier der römischen Kirche. (som/KNA)
Nach der Liturgiereform hat man lediglich stärker betont, dass die Weihnachtszeit in der zweiten Januarwoche zu Ende geht. Daraus ergibt sich bei vielen bis heute das Missverständnis, dass die Weihnachtszeit damals um rund drei Wochen verkürzt worden sei. Das ist allerdings nur ein weit verbreitetes Vorurteil. Denn auch in der alten Messordnung vor 1969 war die liturgische Farbe an den Sonntagen nach Erscheinung bereits grün. Im alten Kalender hat man die Sonntage im Jahreskreis nicht durchnummeriert, sondern als "Sonntage nach Erscheinung" oder "Sonntage nach Pfingsten" gezählt.
"Weihnachten und Ostern feiern dasselbe"
Im Kirchenjahr gibt es übrigens noch ein weiteres Fest, das wie Lichtmess einen starken Bezug zu Weihnachten hat: die "Verkündigung des Herrn", bei der Maria neun Monate vor der Geburt Christi vom Erzengel Gabriel die Botschaft von ihrer Schwangerschaft erhält. Es wird am 25. März sogar mitten in der Fastenzeit gefeiert, kurz vor dem Leiden, Tod und der Auferstehung von Jesus Christus. Allerdings schrieb der Liturgiewissenschaftler Rupert Berger bereits 1963: "Weihnachten und Ostern feiern dasselbe. Hinter beiden Tagen steht dieselbe Grundvorstellung: die Erhöhung des Herrn." Für Berger, der jahrzehntelang die Bischofskonferenz in Liturgiefragen beriet, "feiert der Weihnachtsfestkreis denselben Grundvorgang, dasselbe Erlösungsgeschehen wie Ostern".
VonAgathe Lukassek
Hinweis: Der Text erschien erstmals im Februar 2015 und wurde aktualisiert.